Mittwoch, 27. Juni 2012

 Freiburg: Rotwangenschildkröten im Seepark

Schildkröteninvasion bedroht Flora und Fauna

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Schildkröten im Freiburger Seepark sind eine Attraktion für Groß und Klein. Doch die ausgesetzten Tiere bedrohen inzwischen einheimische Tiere und Pflanzen. Die tragische Geschichte vom Ausverkauf einer Tierart.



Wie die Hühner auf der Stange....
 Dicht gedrängt sitzen sie da und lassen sich die Sonne auf den Panzer scheinen. Die Plätze auf den Ästen sind begehrt, wer zu spät kommt muss sich mit einer wackligen Seerose begnügen.  Die Schildkröten tummeln sich in einem kleinen Biotop im Flückigersee in Freiburg und sonnen sich. Im Gegensatz zu menschlichen Sonnenanbetern eifern sie aber keinem gebräunten Schönheitsideal nach: Die Sonne schützt sie vor Insekten, hilft ihren Vitaminhaushalt zu regeln und – ganz wichtig - erhält ihre Wohlfühltemperatur.  Denn die Schildkröten sind hier nicht heimisch und das ist ein Problem: „Die meisten sind Rotwangen-Schmuckschildkröten“, weiß Ralf Hufnagel von der Ökostation Freiburg. „Die Tiere wurden klein und lieb gekauft, doch sie wachsen sehr schnell“.  Große Schildkröten sind  schwierig zu halten und so werden die Tiere oft ausgesetzt. „Nicht ohne Folgen“, betont Ralf Hufnagel.

Gefahr für die Umwelt

 Die Schildkröten zerstören Nistplätze von einheimischen Vögeln wie dem Haubentaucher. Und es werden rasch mehr: An sonnigen Tagen sind  unzählige Tiere zu sehen. „Noch vor einigen Jahren waren es nur wenige “, erinnert sich Ralf Hufnagel.  Die Tiere scheinen sich auch außerhalb ihrer Heimat wohlzufühlen. Ursprünglich kommen sie aus Nordamerika und Südkanada. Das deutsche Schmuddelwetter überleben die zähen Schildkröten dennoch, sie sind anpassungsfähig. Im Gegensatz zu den Lebensräumen in denen sie sich ausbreiten. Die heimischen Pflanzen und Tiere haben gegen die Invasion keine Chance.  Nicht nur im Freiburger Seepark stellen die exotischen Eindringlinge eine Gefahr für die Umwelt dar. In vielen deutschen Gewässern haben sich die Schildkröten eingenistet. Wie konnte es so weit kommen?

Babyboom der etwas andern Art

Klein und süß sind sie  nur im Babyalter
 „Früher hat man sie im Babyalter überall bekommen“, erklärt  Jörg Terberger  vom Freiburger Zoohandel  „Unter Wasser“. In großen Farmen wurden die Tiere massenweise gezüchtet und nach Deutschland verschickt. Es ist ein regelrechter Boom um die putzigen Krötenbabys entstanden. Zu Spottpreisen wurden sie dann sogar im Baumarkt verkauft.  Die Tiere werden aber schnell groß, brauchen dann ausgiebig Platz und machen viel Mist. Einfachste Lösung: Die Besitzer haben die Tiere einfach ausgesetzt. Unzählige Schildkröten werden den Klimashock nicht überlebt haben.   Als dann die ersten ausgewachsenen Exemplare die Flora und Fauna von heimischen Biotopen bedrohte, reagierte die Bundesregierung. Der Import der Rotwangenschildkröte ist inzwischen verboten. „Große Tiere sind noch erhältlich, aber nicht gefragt. Wir verkaufen hier gar keine Schildkröten mehr“, erläutert Terberger die Situation.  Die Anzahl an Rotwangen in freier Wildbahn übersteigt inzwischen die Anzahl der heimischen Europäischen-Sumpfschildkröte. "Die Tiere reproduzieren sich hier eigentlich nicht", erklärt der studierte Biologe. Nachdem sie sich aber eingenistet haben, folgen viele Besitzer dem schlechten Beispiel und setzten ihre Schildkröten dazu.  Dabei gibt es auch andere Möglichkeiten, unliebsame Schildkröten loszuwerden.

Überfüllte Rücknahmestationen

 Der Tierschutzverein Freiburg e.V. nimmt Schildkröten aller Art auf: "Bei uns werden rund 30 Tiere im Jahr abgegeben", erzählt die Tierheimleiterin Tina Majdecki. "Das ist nur ein kleiner Anteil im Gegensatz zu den ausgesetzten Tieren". Die Auffangstation für Reptilien in München berichtet dagegen von jährlich 200-300 Tieren, die sie aufnehmen muss. Im Norden Deutschlands gibt es inzwischen private Schildkröten-Auffangstationen. So lässt sich das Problem allerdings nicht lösen, die Tiere werden bis zu 40 Jahre alt und die Stationen sind größtenteils überfüllt. An Lösungsvorschlägen mangelt es nicht. Ein bundesweites Auffangsystem wäre möglich. Dafür fehlt aber das Geld. So endet die Geschichte wie sie angefangen hat: mit Zynismus gegenüber den Tieren. Ein "Tierfreund" schlägt vor, die Schildkröten  nach China weiterzuverkaufen. Dort gelten sie als Delikatesse.


Bildergalerie:



Zwischn Vodka und Plastik......

...sonnen sich die Schildkröten auf Seerosen

Trügerischer Frieden....
...die Schildkröten sind eine Gefahr für die Umwelt

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